Beiträge zum Engelbertjahr

Mord oder Todschlag? Ein Cold Case des Mittelalters

von Randolf Link und Christiane Cyriax 

Wie dämmerschaurig ist der Wald

An neblichten Novembertagen,

Wie wunderlich die Wildnis hallt

Von Astgestöhn und Windesklagen!

(Auszug aus der Ballade von Annette von Droste-Hülshoff: Der Tod des Erzbischofs Engelbert von Cöln)


Am Cold Case Engelbert II., Erzbischof von Köln und Graf von Berg, könnten sich heutige SOKOS noch immer die Zähne ausbeißen. Fakt ist: Es gibt einen Toten – einen der mächtigsten Männer im heutigen Deutschland, im sog. „Heiligen Römischen Reich“ von Kaiser Friedrich II.


Tatzeitpunkt: der frühe Abend des 07.11.1225.


Wetterlage: schaurig-neblige Abenddämmerung im November


Tatort: Ein Hohlweg im heutigen Gevelsberg, wo zunächst ein Kreuz mit einer Kerze, dann eine Kapelle und später ein Sühnekloster der Zisterzienserinnen errichtet wurde - und wo schließlich die Stadt Gevelsberg entstand.


Tathergang: Eine Gruppe von 25 Personen um Graf Friedrich von Isenberg griff Erzbischof Engelbert im Hohlweg nördlich von Schwelm aus dem Hinterhalt an. Ziel war es, ihn kampfunfähig zu machen und zu entführen. Engelbert aber, ein stattlicher Mann von 1,80 m mit einer ritterlichen Ausbildung, wollte der drohenden Gefangennahme entgehen und ergriff die Flucht. Dies kostete ihn sein Leben.


Ergebnis der forensischen Untersuchung: 47 Hieb- und Stichverletzungen – Spuren stumpfer Gewalteinwirkung am Kopf, zahlreiche Stichverletzungen am ganzen Körper.


Tatverdächtiger: Giselher. ein Gefolgsmann Friedrichs von Isenberg. Nach Augenzeugenberichten folgte dieser dem flüchtenden Engelbert ins Unterholz und brachte ihn mit einem Schlag gegen den Kopf zu Tode.


Viele Fragen bleiben bis heute: War es Mord oder Totschlag? Und: Wer waren die Täter?

War Friedrich von Isenberg wirklich der einzige Anstifter oder ging die Verschwörung doch weit über seinen Familienkreis hinaus? Waren mehrerer rheinische und westfälische Adelsfamilien an dem Komplott beteiligt, weil sie sich von Engelbert in ihren Rechten beschnitten und geschädigt fühlten?

Auf jeden Fall wurde Friedrich von Isenberg des Mordes angeklagt. Er versteckte sich ein Jahr lang im Untergrund, wurde schließlich entdeckt und im November 1226 in Köln gerädert. Er starb einen grausamen Tod. War Friedrich nur der Sündenbock?


Wo gibt es Spuren von Engelbert heute?

Nach seinem Tod wurde Engelbert durch zahlreiche Wundergeschichten und Aufzeichnungen seines Lebens zu einem Heiligen der Herzen. Viele bedeutende Kunstwerke und Denkmäler erinnern an ihn. Zahlreiche Kirchen, Schulen und Straßen tragen seinen Namen. Engelberts Gebeine liegen im Kölner Dom, sein Herz findet sich an prominentester Stelle bei seinen Ahnen im Altenberger Dom, nachdem es eine wahre Odyssee hinter sich gebracht hat.

Engelbert war der große Visionär und Wegbereiter für den Altenberger Dom und den Kölner Dom. In diesen Meisterwerken der Gotik finden sich die historischen und spirituellen Dimensionen seines Wirkens in unserer Welt. Im Denkmalbereich Altenberger Dom, dem Memorialort der Grafen- und Herzogsfamilie von Berg, entstand in seiner Zeit am Standort der ersten Marienkapelle Altenbergs eine frühgotische Kapelle.

So zahlreich wie die Facetten seines Lebens, so vielfältig sind die Orte, an denen Engelberts heute gedacht wird. Im Kölner Dom wird er mit der prachtvollen Goldschmiedearbeit seines Schreins gewürdigt; auf dem Wipperfürther Marktplatz schaut er liebevoll auf die von ihm gegründete Stadt; auf Schloss Burg hebt er segnend die Hand und blickt weit hinaus in sein Erzbistum und seine Grafschaft Berg; in Altenberg füllt das Engelbert gewidmete Glasfenster an der Südseite den Innenraum der Markuskapelle mit magischem Licht.